Digitale Inklusion & Gleichstellung

Querstreifen auf grau-schwarzem Grund: grün, hellblau, weiß, gelb und rot.

Warum feiern wir den Disability Pride Month?

Im Juli feiern wir den Disability Pride Month, der, analog zum (LGBTQIA+) Pride Month, die Vielfalt und Lebensrealität von behinderten Menschen feiert und auf bestehende Probleme und Diskriminierungen hinweist. Ähnlich wie die LGBTQIA+ Pride geht auch die Disability Pride auf ein historisches Ereignis in den USA zurück, nämlich die Unterzeichnung des „Americans with Disabilities Act“ (ADA) durch George George Bush Senior am 26. Juli 1990. Die Unterzeichnung kam nicht von ungefähr: Ihr gingen jahrzehntelange Demonstrationen und Forderungen voraus, die im sogenannten Capitol Crawl am 12. März 1990 eindrucksvoll kulminierten: Mehr als 60 Menschen mit Gehbehinderung warfen ihre Stöcke, Rollstühle und Gehhilfen zur Seite und schleppten sich die Treppen des Washingtoner Kapitols hinauf, um auf die mangelnde Barrierefreiheit hinzuweisen.

Rechtliche Grundlagen in den USA und Deutschland

Mit dem ADA änderte sich die Situation schlagartig: Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und Verkehrsbetriebe waren fortan verpflichtet, allen Menschen ungeachtet ihrer Behinderungen einen gleichwertigen Zugang zu ermöglichen: Seien es rollstuhlgerechte Zugänge oder Gebärdensprachendolmetscher, Braille-Schrift oder die Verfügbarkeit von Assistenztieren.

In Deutschland trat eine ähnliche Regelung in Form des Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) erst 12 Jahre später, 2012 auf Bundes- und 2014 auf Länderebene in Kraft. Dabei fallen die Forderungen weit weniger vehement aus als in den USA: Barrierefreie Zugänge zu (öffentlichen) Gebäuden müssen etwa nur bei Neu- oder Umbauten barrierefrei gestaltet sein, das (digitale) Informationsangebot von Behörden und öffentlichen Einrichtungen unterliegt dieser Pflicht sogar erst seit 2020.

Auch private Unternehmen werden wenig in die Pflicht genommen: Seit 2016 besteht zwar eine Verpflichtung zur Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung (SGB IX Teil 3), aktuelle Statistiken zeigen allerdings, dass nur 39 Prozent der Unternehmen ihrer Verpflichtung vollständig nachkommen, 36 Prozent erfüllen sie immerhin teilweise. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Viertel aller verpflichteten Unternehmen eher Ausgleichszahlungen in Kauf nimmt, als Arbeitsplätze für Menschen mit Schwerbehinderung zugänglich zu machen. Immerhin: Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) werden ab 2025 einige Barrieren im Bereich (digitale) Kommunikation und Dienstleistungen fallen – sofern sie sich an Privatpersonen richten.

Behinderte Menschen auf dem Arbeitsmarkt

Besonders in Deutschland rufen die Begriffe Behinderung und Arbeit vor allem Assoziationen mit (umstrittenen) Werkstätten für Menschen mit Behinderung hervor als mit der barrierefreien Gestaltung des primären Arbeitsmarktes. So wird unweigerlich die Behinderung in den Fokus gerückt während Fähigkeiten und Perspektiven der behinderten Person an sich ignoriert werden.

Und so verwundert es leider nicht, dass der Disability Pride Month weniger Aufmerksamkeit erregt, als er sollte. Denn es braucht neben sinnvollen gesetzlichen Vorgaben, die in Zusammenarbeit mit Betroffenen erarbeitet und strikt durchgesetzt werden, weit mehr Offenheit in der Wirtschaft für inklusive Arbeitsplatzgestaltung.

Wir verstehen die Teilhabe behinderter Menschen innerhalb der Arbeitswelt als selbstverständlich und schaffen als Studio NO Awareness für die Notwendigkeit von Inklusion anstelle von Integration oder der Exklusion in parallelen Arbeitswelten. Denn asymmetrische Machtverhältnisse werden verfestigt, solange es an gleichberechtigten Zugängen fehlt und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen als „sozialer Akt“ oder gar Bürde angesehen wird.

Gerne beraten wir Teams und begleiten sie dabei, ihre Software, Anwendungen und Kommunikation inklusiv zu gestalten. Für ein unverbindliches Erstgespräch gerne über unser Kontaktformular melden!

Quellen

Artikelbild: Disability Pride Flag von Ann Magill